Teil 4

Stadtbild Tucson

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Einen Großteil seiner Zeit verbrachte Schmid damit, Auto zu fahren und dabei Mädchen zu „jagen“. Wie ein Jäger lockte er seine Beute an, um sie dann zu erlegen. Geduldig cruiste er manchmal stundenlang in seinem goldfarbenen Ford Falcon den Speedway Boulevard rauf und wieder runter, rauf und runter, rauf und runter. Beim Fahren in Schrittgeschwindigkeit hielt er den angewinkelten Arm aus dem Fenster, während er die Gehwege der breiten Strasse aufmerksam beobachtete. Wenn er ein junges Mädchen sah, lud er es ohne Umschweife zum „Drinking Spot“ ein. Das Mädchen wußte, was es dort erwartete, und oft hatte Schmid den Eindruck, dass es froh war, endlich „an der Reihe“ zu sein. Selten jedenfalls schlug ein Mädchen seine Einladung aus. Im Gegenteil. Es war glücklich, durch Schmid den langweiligen Plätzen vor den Hamburgerrestaurants und Spielhallen der Stadt entkommen zu sein. Dort hinein gelangte man erst ab 21 Jahren, Alkohol bekam man ebenfalls erst volljährig. Während überall in den Großstädten der USA das Leben in den wilden 60ern gelebt wurde, hingen in Tucson viele Jugendlichen untätig vor den Spielhallen ab. Nur für diejenigen, die Autos hatten, gab es ein wenig Abwechslung. Die fuhren hinaus in die Wüste, tranken Alkohol und hatten Sex, wofür der Drinking Spot dank seiner abgelegenen Lage ideal war.

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Charles Schmid hatte Witz und Esprit. Schon als Teenager sprach er mit einer phantasievollen, fast poetischen Sprache, redete und verhielt sich wie ein „real charmer“. Je nach Situation und Wesen des Mädchens, mit dem er gerade zusammen war, hauchte er mal mit den Worten eines leidenden Künstlers, mal polterte er kämpferisch wie ein Rebell. Dann wiederum feierte er in leidenschaftlichen Reden sich und seine Errungenschaften. Doch gleich darauf bemitleidete er sein Schicksal und die tödliche Krankheit, die ihn vor kurzem befallen hatte. In zwei Monaten würde er sterben, so viel stünde fest.

Wenn ein Mädchen noch nicht ganz überzeugt war, dass allein Sex mit Schmid zu Erlösung führen würde, weinte er herzerweichend und gestand ihr unter Tränen, dass sie, die gerade vor ihm saß, das schönste, sinnlichste und klügste Geschöpf sei, das er je gesehen hatte – und zog ihr dabei den Pulli aus. Doch im gleichen Maße, in dem er seine eigenen Erfolge genoss, verfluchte er sie auch. Je mehr Mädchen er eroberte, desto sicherer war er, überhaupt nicht lieben zu können. Und er erkannte genau, was er tat: eine Show abziehen. Behalten wollte er seine Eroberungen dennoch, jede Einzelne von ihnen. Die Angst, ein Mädchen wieder zu verlieren, brachte ihn dazu, mehreren gleichzeitig Heirat, Kinder und ein eigenes Haus zu versprechen. Die eigene, heile Familie war sein größter Wunsch.

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Ich will schlafen.

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